Hätte jemand vor dem Rennen in Spielberg auf George Russell gesetzt, wäre er wahrscheinlich für verrückt erklärt worden. Zwar steigerte sich Mercedes in den letzten Rennen kontinuierlich, doch beim GP Österreich gehörte auch eine Portion Glück dazu. Denn Russell erbte den Erfolg nach einem Crash zwischen den Titelrivalen Max Verstappen und Lando Norris.
"Ich konnte nicht glauben, wie nah wir an Lando und Max dran waren. Wir hatten nur etwa 12 Sekunden Rückstand und ich wusste, dass es die Möglichkeit einer Berührung zwischen den beiden gab. Man träumt immer", sagte der 26-Jährige. "Ich bin einfach so stolz, wieder auf dem obersten Treppchen zu stehen. Wir haben seit Beginn der Saison so viele Fortschritte gemacht. Die letzten paar Rennen waren unglaublich. Es wird noch mehr kommen."
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Verstappen kontrolliert das Rennen
Zu Beginn sah es noch nach einer überlegenen Vorstellung von Verstappen aus. Der 26-Jährige führte zwischenzeitlich mit 8 Sekunden Vorsprung. Selbst eine enge Situation in der Boxengasse beim ersten Stopp wurde ihm nicht zum Verhängnis. Man leitete eine Untersuchung wegen "Unsafe Release" ein, die aber ohne Folgen blieb.
Zur Mitte des Rennens hin meinte der dreimalige Weltmeister allerdings: "Die Reifen sind plötzlich richtig schlecht." Das sollte seiner überlegenen Vorstellung allerdings noch keinen Abbruch tun. Das große Drama bahnte sich in Runde 51 an. Da kam der Holländer zum zweiten Boxenstopp, bei dem er von den harten Gummis auf die Medium-Sohlen wechselte. Dabei klemmte etwas beim Radwechsel hinten links. Anschließend verbremste sich Verstappen noch. Das Ende vom Lied: Norris war bis auf 1,6 Sekunden an dem WM-Führenden dran.
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Zu Beginn des Rennens lief alles nach Plan für Max Verstappen.
Eklat in Runde 64 mit Norris
Zum direkten Duell kam es schließlich in Runde 59. Norris wagte einen Angriff, aber musste sich wieder den Fahrkünsten von Verstappen geschlagen geben. Weil Norris dabei die Strecke verließ, ermittelten die Sportkommissare wegen einem Verstoß gegen die Track Limits. Am Funk lieferten sich beide Piloten wilde Diskussionen mit ihren Ingenieuren und beschwerten sich gegenseitig über die Fahrweise des Rivalen.
Zum nächsten Angriff von Norris kam es in Runde 63 in Kurve 3. Dabei musste Verstappen neben die Strecke ausweichen. Der große Knall folgte in Runde 64. Wieder beharkten sich die beiden in Kurve 3, fuhren sich aber mit Schwung ins Auto. Beide mussten anschließend an die Box mit Reifenschaden. Bei Norris hinten rechts, bei Verstappen hinten links. Während Verstappen nach einem Stopp das Rennen wieder aufnahm, parkte Norris den MCL-38 vor der Garage. Verstappen bekam im Nachhinein eine 10-Sekunden-Strafe für den Vorfall. Norris hatte ebenfalls eine 5-Sekunden-Strafe für das Track-Limit-Vergehen bekommen, da war er aber ohnehin gerade ausgeschieden.
Piastri im Nacken von Russell
Lachender Dritter war im wahrsten Sinne des Wortes Russell, der bis dahin ein recht ruhiges Rennen erlebt hatte. Im Gegensatz zur Konkurrenz setzte er im zweiten Stint auf den Medium-Reifen und beendete das Rennen auf den harten Pneus. Zwar hing McLaren-Pilot Piastri noch im Nacken von Russell, doch er brachte den ersten Mercedes-Sieg der Saison und den zweiten seiner Karriere sicher nach 71 Runden ins Ziel.
Auf dem zweiten Platz landete Oscar Piastri. Er überholte im McLaren noch in Runde 64 in Kurve 6 den bis dahin zweitplatzierten Carlos Sainz im Ferrari, der sich am Ende mit dem letzten Podiumsplatz begnügen musste. "Ich denke, in der zweiten Hälfte des Rennens waren wir ziemlich stark, und ich freue mich über einen weiteren Podestplatz. Wenn man so nah dran ist, tut es aber natürlich ein bisschen weh", sagte der Australier, der wegen eines Track-Limit-Verstoß vom siebten statt dritten Platz starten musste.
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Oscar Piastri fragte sich, wie es gelaufen wäre, wenn seine Rundenzeit in der Qualifikation nicht gestrichen worden wäre.
Sainz war ebenfalls zufrieden: "Wir wussten, dass Mercedes einen Vorteil im Rennen haben könnte. Aber wir haben alles versucht, um mit ihnen mitzuhalten. Oscar war am Ende sehr schnell. Am Ende ist Platz drei ein gutes Ergebnis. Ich denke, wir können ziemlich glücklich und stolz darauf sein, denn dieses Wochenende war nicht einfach für uns."
Verstappen rettet Platz fünf
Lewis Hamilton reihte sich auf dem vierten Platz vor Verstappen ein, der nach dem Zwischenfall mit Norris noch Schadensbegrenzung betrieb und so 10 Punkte für den WM-Kampf sammelte – und das trotz der 10-Sekunden-Strafe für den Norris-Crash. Hamilton musste unter anderem eine 5-Sekunden-Strafe wegen des Überfahrens der weißen Linie an der Boxeneinfahrt hinnehmen.
Einen erfolgreichen Sonntag erlebten die beiden Haas-Piloten. Nico Hülkenberg beendete das Rennen auf dem sechsten Platz, Kevin Magnussen erreichte Rang acht. Dazwischen schob sich Sergio Perez im Red Bull, der das ganze Wochenende weit hinter den Leistungen von Verstappen blieb. Zudem bekam er wegen zu hoher Geschwindigkeit in der Boxengasse auch noch eine 5-Sekunden-Strafe. Toro Rosso-Pilot Daniel Ricciardo dürfte mit Platz neun einen Hoffnungsschimmer haben, nachdem es zuletzt nicht positiv für den Australier lief und sein Cockpit auf der Kippe steht.
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Platz fünf war Schadensbegrenzung für Max Verstappen.
Wieder dicke Luft bei Alpine
Ähnlich hitzig wie zwischen Norris und Verstappen ging es mal wieder bei Alpine zu. Esteban Ocon und Pierre Gasly gaben sich einmal mehr Saures, dieses Mal mit dem besseren Ende für Gasly, der mit Platz zehn noch einen Punkt sammelte. Fernando Alonso, der das Duell von hinten beobachtete, sagte am Funk nur trocken: "Wow." Ocon sah als Zwölfter die Zielflagge.
Einen richtig schwarzen Tag erlebte Charles Leclerc. Seine Pechsträhne seit seinem Sieg in Monaco ging in der Steiermark weiter. Der Ferrari-Pilot beschädigte sich die Front bei einer Berührung zu Beginn mit Piastri und kam direkt in die Box, um sich eine neue Nase zu holen. Danach waren seine Hoffnungen auf ein gutes Ergebnis dahin.